Liquiditätsbelastung aus der Auftraggeberhaftung

Mit dem im Jahr 2009 eingeführten Auftraggeber/innen-Haftungsgesetz sollte Sozialbetrug (Nichtentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen) verhindert werden. Außerdem werden abgeführte Haftungsbeträge auch mit Verbindlichkeiten des Auftragnehmers an die Bauarbeiter-Urlaubskasse, die Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft und die Finanzbehörde verrechnet, wodurch sich für den Auftragnehmer ein erheblicher Liquiditätsnachteil ergibt.

Funktionsweise der Auftraggeberhaftung

Wenn Bauunternehmer Aufträge an Subunternehmer vergeben, dann haften sie für Sozialversicherungsbeiträge und an das Finanzamt abzuführenden lohnabhängige Abgaben des beauftragten Unternehmers im Ausmaß von 25% (20% für Sozialversicherungsbeiträge und 5% für lohnabhängige Abgaben)der Auftragssumme, sofern der Subunternehmer nicht in der Liste der haftungsfrei gestellten Unternehmen (so genannte „HFU-Liste“) angeführt ist. Der Auftraggeber kann sich von dieser Haftung befreien, wenn er 25% des Werklohns bzw. der Auftragssumme an das Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung der WGKK überweist.

Liquiditätsbelastung für den Subunternehmer

Für den Subunternehmer entsteht dadurch aber das Problem, dass er eben nur 75% des vereinbarten Werklohnes erhält. Vor allem bei kleinen oder rasch wachsenden Unternehmen führt das zu einem Liquiditätsproblem, weil zur Bezahlung der Löhne und Gehälter und sämtlicher Lieferverbindlichkeiten nur 75% des erwirtschafteten Umsatzes zur Verfügung stehen.

Rückzahlung von Haftungsbeiträgen nur auf Antrag

Eine Rückzahlung zuviel bezahlter Haftungsbeträge ist zwar auf Antrag möglich, erfolgt aber nur wenn keine Rückstände gegenüber den Sozialversicherungsträgern sowie der Bauarbeiter-Urlaubskasse und der Finanzbehörde bestehen. Diese Prüfung verursacht natürlich bürokratischen Aufwand im Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung der WGKK und die Rückzahlung wird dadurch zeitlich verzögert.

Rückzahlungsanträge sind sowohl mit dem entsprechenden Formular an das Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung der WGKK zu stellen als auch hinsichtlich eines Fünftels des abgeführten Haftungsbetrages an das zuständige Finanzamt.

Zinsfreier Kredit an den Staat und Gläubigerbegünstigung

Praktisch führt das dazu, dass der Subunternehmer dem Staat Österreich einen zinsfreien Kredit gewährt: Nachdem der Auftraggeber den 25%igen Teilbetrag vom Werklohn zB schon im August an das Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung der WGKK  abführt und die Rückzahlung erst nach Antragstellung und Bearbeitung – dh wohl idR erst nach einigen Wochen – erfolgt oder aber der Subunternehmer im Regelfall wohl überhaupt auf die Antragstellung verzichtet und daher mit zB am 15. September fällig werdenden Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnnebenkosten aufgerechnet wird, stehen diese abgeführten Haftungsbeträge dem Staat Österreich mehrere Wochen als zinsfreier Kredit zur Verfügung.

Gleichzeitig ist – was wohl ein vom Gesetzgeber beabsichtigter Nebeneffekt ist – der Staat Österreich im Falle einer Insolvenz des Subunternehmers begünstigt, weil es keine rückständigen Sozialversicherungsbeiträge und Lohnnebenkosten geben kann.

Bürokratischer Mehraufwand

Für den Subunternehmer – und auch dessen Steuerberater – entsteht gleichzeitig erheblicher bürokratischer Mehraufwand. Der Subunternehmer muss prüfen, ob die Kundenzahlung eingegangen ist und er muss zusätzlich prüfen, ob der einbehaltene Haftungsbetrag vom Kunden auch tatsächlich an das Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung der WGKK  abgeführt wurde (es soll ja auch Auftraggeber geben, welche den Haftungsbetrag bei der Zahlung an den Subunternehmer zwar abziehen aber nicht an das Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung der WGKK zahlen). Zu diesem Zweck wird der Subunternehmer einen WEBEKU-Zugang einrichten müssen.

Der Steuerberater muss in der Buchhaltung des Subunternehmers zu jeder Ausgangsrechnung zwei Zahlungsbeträge zuordnen, nämlich einerseits die tatsächliche Zahlung vom Kunden ( = 75%) und andererseits den an das Dienstleistungszentrum Auftraggeberhaftung der WGKK  bezahlten Haftungsbetrag ( = 25%). Der Subunternehmer muss daher die AGH-Gesamtliste über den WEBEKU-Zugang monatlich abfragen und an den Steuerberater übermitteln.

Aufnahme in die HFU-Gesamtliste für neu gegründete Unternehmen nicht möglich

Es besteht zwar für den Subunternehmer grundsätzlich die Möglichkeit, sich durch Eintragung in die HFU-Gesamtliste haftungsfrei stellen zu lassen (wenn ein Unternehmen in dieser Liste eingetragen ist, dann besteht grundsätzlich keine Haftung für den Auftraggeber, dh der Auftraggeber muss den 25%igen Teilbetrag nicht einbehalten und darf daher den gesamten Werklohn an den Subunternehmer zahlen). Die Eintragung in dieser HFU-Gesamtliste setzt aber voraus, dass das Unternehmen schon seit 3 Jahren Bauleistungen erbringt und ist daher für neu gegründete Baunternehmen oder Reinigungsunternehmen  – auch wenn diese keine Dienstnehmer beschäftigen – grundsätzlich nicht möglich.

Weiterführende Informationen sind auf der Homepage der Wiener Gebietskrankenkasse zu finden.