Der Jahresabschluss soll ein möglichst klares Bild von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens vermitteln. Zum Verständnis von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sind zumindest Grundkenntnisse über Inhalte und Gliederung erforderlich.
Bestandteile des Jahresabschlusses
Ein Jahresabschluss besteht aus
- Bilanz
- Gewinn und Verlustrechnung und
- Anhang (nur bei Kapitalgesellschaften).
A. Bilanz
Die Bilanz ist eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung von Besitzposten ( = Aktiva) und Schulden und Eigenkapital ( = Passiva). Wenn die Schulden ( = Verbindlichkeiten und Rückstellungen) höher sind als die Besitzposten, dann ist – nachdem die Bilanz immer summengleich sein muss – das Eigenkapital negativ, das Unternehmen ist daher buchmässig überschuldet.
Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation ist es aber sinnvoll, die Zusammensetzung der Besitzposten ( = Aktiva) zu untersuchen und eine Beziehung zu den Verbindlichkeiten herzustellen.
A. 1. Gliederung der Aktiva
Die Besitzposten ( = Aktiva) sind untergliedert in
- Anlagevermögen
- Umlaufvermögen und
- Rechnungsabgrenzungsposten,
wobei das Anlagevermögen zur dauernden Verwendung im Unternehmen bestimmt ist (dh ohne wesentliche Änderung der betrieblichen Struktur nicht in Geld umgewandelt werden kann). Von „stillen Reserven“ im Anlagevermögen wird gesprochen, wenn der tatsächliche Wert des Anlagevermögens deutlich höher ist als der Buchwert (bei einem bebauten Grundstück kann der Wert des Grundstücks allein deutlich höher sein als der ausgewiesene Buchwert von Grund samt Gebäude = der seinerzeitige Anschaffungswert abzüglich der kumulierten Abschreibungen der letzten Jahre).
Das Umlaufvermögen wird untergliedert in
- Vorräte
- Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände
- Wertpapiere und Anteile
- Kassenbestand, Schecks, Guthaben bei Kreditinstituten
und wird im laufenden Geschäftsbetrieb regelmäßig transformiert (Vorräte werden verkauft, wodurch eine Forderung entsteht und wenn diese Forderung bezahlt wird erhöht sich der Kassenbestand bzw. das Bankguthaben).
Die Untergliederung zeigt die unterschiedliche Geldnähe die einzelnen Positionen – die in Pos. 4 ausgewiesenen Guthaben bei Kreditinstituten können sofort zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet werden, Forderungen müssen zuerst bezahlt werden (und dadurch von Pos. 2 in Pos. 4 wandern) und Vorräte müssten überhaupt zunächst verkauft werden damit sie zu Forderungen werden.
Bei der Bonitätsbeurteilung eines Unternehmens ist es daher sinnvoll nicht nur die Veränderung der Kennzahl „Working Capital“ ( = Umlaufvermögen abzüglich kurzfristige Verbindlichkeiten) zu betrachten, sondern auch die Veränderung der Zusammensetzung des Umlaufvermögens. Wenn der Anteil der Vorräte im Umlaufvermögen im betrachteten Zeitraum deutlich ansteigt ist das jedenfalls ein Signal für eine Verschlechterung der Liquidität, auch wenn die Kennzahl „Working Capital“ unverändert bleibt.
Die Rechnungsabgrenzungsposten dienen zur periodengerechten Erfolgsabgrenzung.
A. 2. Gliederung der Passiva
Die Passiva sind gegliedert in
- Eigenkapital
- unversteuerte Rücklagen
- Rückstellungen
- Verbindlichkeiten
- Rechnungsabgrenzungsposten,
wobei das Eigenkapital die Differenz zwischen Besitzposten und allen übrigen Posten auf der Passivseite darstellt.
Die unversteuerten Rücklagen (zB Bewertungsreserve aufgrund von Sonderabschreibungen) enthalten auch latente Steuern und werden daher bei einer Bilanzanalyse nur teilweise dem Eigenkapital zugerechnet.
Rückstellungen sind Schulden, die entweder der Höhe oder dem Grunde nach ungewiss sind (wenn diese Ungewissheit nicht besteht wären sie als Verbindlichkeiten auszuweisen).
Bei einer Beurteilung der Liquiditätssituation eines Unternehmens sind sowohl die Rückstellungen als auch die Verbindlichkeiten hinsichtlich ihrer Fristigkeit zu untersuchen. Von finanzieller Stabilität des Unternehmens wird gesprochen, wenn der Grundsatz der Fristenkongruenz eingehalten wird (das Anlagevermögen sollte durch Eigenkapital und langfristige Verbindlichkeiten finanziert sein bzw. das Umlaufvermögen sollte höher als die kurzfristigen Verbindlichkeiten sein).
Anzumerken ist, dass die Bilanz immer nur eine stichtagsbezogene Betrachtung der Vermögenssituation des Unternehmens ist. Es ist daher sinnvoll mehrere aufeinanderfolgende Jahre zu betrachten, weil aus der Veränderung die einzelnen Bilanzpositionen wesentliche Schlussfolgerungen gezogen werden können.
B. Gewinn- und Verlustrechnung
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist eine zeitraumbezogene Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge für das abgelaufene Geschäftsjahr und gliedert sich wie folgt:
- Umsatzerlöse
- Veränderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowie an noch nicht abrechenbaren Leistungen
- andere aktivierte Eigenleistungen
- sonstige betriebliche Erträge
- Aufwendungen für Material und sonstige bezogene Herstellungsleistungen
- Personalaufwand
- Abschreibungen
- sonstige betriebliche Aufwendungen
- = Zwischensumme aus Z 1 bis 8 ( = Geschäftserfolg)
- Erträge aus Beteiligungen
- Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens
- sonstige Zinsen und ähnliche Erträge
- Erträge aus dem Abgang von und der Zuschreibung zu Finanzanlagen und Wertpapieren des Umlaufvermögens
- Aufwendungen aus Finanzanlagen und aus Wertpapieren des Umlaufvermögens
- Zinsen und ähnliche Aufwendungen
- Zwischensumme aus Z 10 bis 15 ( = Finanzerfolg)
- Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
- außerordentliche Erträge
- außerordentliche Aufwendungen
- außerordentliches Ergebnis
- Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
- Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag
- Auflösung unversteuerter Rücklagen
- Auflösung von Kapitalrücklagen
- Auflösung von Gewinnrücklagen
- Zuweisung zu Gewinnrücklagen
- Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr
- Bilanzgewinn/Bilanzverlust
Die vorstehende Gliederung der Gewinn und Verlustrechnung gilt für Kapitalgesellschaften, bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften fallen natürlich einzelne Positionen wie zB „27. Gewinnvortrag“ und „28. Bilanzgewinn/Bilanzverlust“weg.
Aus der Gewinn- und Verlustrechnung ist erkennbar, ob das Unternehmen in der betrachteten Periode einen Gewinn erzielt hat und woraus dieser entstanden ist. Auch hier ist es sinnvoll mehrere Geschäftsjahre zu betrachten, weil aus der Veränderung zB von Umsatz und Gewinn bzw. einzelner Aufwandspositionen wie etwa „6. Personalaufwand“ Rückschlüsse auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens gezogen werden können.
C. Anhang
Im Anhang werden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden erläutert und es werden bestimmte zusätzliche Angaben gemacht. Die Erstellung des Anhangs ist nur für Kapitalgesellschaften vorgeschrieben und bei kleinen GmbHs können manche Angaben entfallen.
Grenzen der Aussagefähigkeit
Zunächst ist festzuhalten, dass der ausgewiesene Jahresgewinn eines Einzelunternehmers bzw. einer Personengesellschaft mit dem Jahresüberschuss einer Kapitalgesellschaft schon deshalb nicht vergleichbar ist, weil bei der Kapitalgesellschaft auch die Körperschaftsteuer schon abgezogen wurde (in der Position „21. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“). Außerdem ist beim Einzelunternehmen bzw. einer Personengesellschaft der Unternehmerlohn nicht als Aufwand verbucht – bei einer Kapitalgesellschaft ist dieser aber wohl schon in „Pos.6 Personalaufwand“ enthalten.
Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind ausserdem Verbindlichkeiten aus der Einkommensteuer nicht in der Bilanz ersichtlich (dh im Falle einer beabsichtigten Kreditgewährung wäre es zweckmäßig darüber gesondert Auskunft zu verlangen).
Ein Jahresabschluss kann immer nur Auskunft über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag bzw. einem schon abgelaufenen Geschäftsjahr geben – insbesondere bei kleinen Unternehmen kann sich die Situation schon deutlich verändert haben.
Abschließend ist anzumerken, dass – damit der Jahresabschluss überhaupt der Anforderungen entsprechen kann, ein möglichst klares Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens zu vermitteln – die Darstellung und Erläuterung der Zahlen im Jahresabschluss so umfangreich erfolgen sollte, dass es dem Bilanzleser (zB dem Unternehmer selbst oder seiner Hausbank) auch ohne umfangreiche zusätzliche Erläuterungen möglich ist sich dieses klare Bild über die Unternehmenssituation zu verschaffen.
Aus Platzgründen wurden die obigen Ausführungen sehr knapp gehalten und es wurden auch Untergliederungen wie zB die Aufgliederung der Verbindlichkeiten im Jahresabschluss nicht angeführt.
Für zusätzliche Informationen kontaktieren Sie uns bitte – wir beraten Sie gerne!