Aus Sicht der Finanzverwaltung beginnt ein neues Mietverhältnis auch dann, wenn es zu einem Wechsel auf Vermieterseite kommt. Solch ein Wechsel, der für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- oder Pachtverhältnis begründet, kann etwa bei Erbschaft, Schenkung oder Umgründung eintreten.
Im Jahr 2012 wurden mit dem 1. Stabilitätsgesetz gravierende Neuregelungen für den Immobilienbereich in Kraft gesetzt, unter anderem betreffend die Option zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung von Geschäftsräumen (betrifft nicht die Vermietung zu Wohnzwecken). Ein zentraler Anknüpfungspunkt dafür, ob diese neue Regelung zur Anwendung kommt, ist die Frage, ob es zu einem Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite kommt und ob das Gebäude vor dem 1. September 2012 errichtet wurde.
Option zur Umsatzsteuerpflicht
Die Vermietung von Geschäftsraummieten ist umsatzsteuerbefreit, dem Vermieter steht aber auch kein Vorsteuerabzug zu. Um Vorsteuern geltend zu machen, kann der Vermieter zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Diese Option ist nach der Neuregelung aus 2012 nur dann möglich, wenn der Mieter die Geschäftsräumlichkeit nahezu ausschließlich (zu mindestens 95%) für Umsätze verwendet, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen. Der Mieter darf also nicht mehr als 5% steuerbefreite Umsätze tätigen. Ein einmaliges Unterschreiten der 95%-Grenze auf bis zu 92,5% innerhalb von 5 Jahren ist unbeachtlich.
Miet- und Pachtverhältnisse nach dem 31. August 2012
Die Neuregelung ist auf Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräumlichkeiten anzuwenden, die nach dem 31. August 2012 beginnen. Hat der Vermieter selbst die Errichtung des Gebäudes durchgeführt und damit vor dem 1. September 2012 begonnen, kommt diese Regelung nicht zur Anwendung, selbst wenn nach dem 31. August 2012 neue Mietverträge abgeschlossen werden. Hat der Vermieter das Gebäude jedoch nicht selbst errichtet, sondern erworben, fallen alle neu abgeschlossenen Mietverträge unter die genannte Norm.
Unternehmeridentität auf Vermieter- bzw. Mieterseite
Aus Sicht der Finanzverwaltung beginnt ein neues Mietverhältnis aber nicht nur dann, wenn der Mieter wechselt, sondern auch dann, wenn es zu einem Wechsel auf Vermieterseite kommt. Ein Wechsel, der für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis begründet, kann laut Finanzverwaltung etwa im Zuge einer Erbschaft, Schenkung oder Umgründung eintreten. Kein Mieter- oder Vermieterwechsel wird hingegen angenommen, wenn die Unternehmeridentität auf Vermieter- bzw. Mieterseite erhalten bleibt. Dies ist etwa der Fall, wenn im Rahmen eines Zusammenschlusses neue Gesellschafter in eine bestehende Personengesellschaft aufgenommen werden, in deren Betriebsvermögen sich bereits das vermietete Grundstück befindet.
Recht auf Vorsteuerabzug
Kommt es durch einen Mieter- oder Vermieterwechsel zur Anwendung der neuen Bestimmung, so muss der Vermieter nachweisen, dass sein Mieter umsatzsteuerbefreite Umsätze von nicht mehr als 5% der Gesamtumsätze tätigt. Übersteigen die umsatzsteuerfreien Umsätze diese Grenze, so verliert der Vermieter zur Gänze sein Recht auf Vorsteuerabzug. Dieser Ausfall kann im Regelfall nur bedingt auf den Mieter überwälzt werden. Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten daher bei der Formulierung von Mietverträgen berücksichtigt werden.